Vergleich der Alterssicherungssysteme

Herausgegeben am Freitag, 5. Juni 2020
zuletzt aktualisiert am Donnerstag, 27. August 2020

55. Jahrgang
2020-03

Ist ein Vergleich der Alterssicherungssysteme möglich?

Informationen zu einer Kleinen Anfrage an den Bundestag durch Abgeordnete der AfD.

Dazu die Antwort der Bundesregierung vom Feb. 2020

Laut der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD betrugen im Jahr 2018 die monatlichen Pensionsleistungen im Durchschnitt 3080 Euro für Beamte und Richter sowie 3090 Euro für Berufssoldaten.

Der deutliche Unterschied in der Altersversorgung von Arbeitnehmern und Beamten ist regelmäßig Gegenstand der öffentlichen Debatte und ruft Gerechtigkeitsfragen hervor. 

Dazu die Vorbemerkung der Bundesregierung:

Die Entwicklungen im Regelsicherungssystem, der gesetzlichen Rentenversicherung, waren und sind für die Fortentwicklung des Bundesbeamtenversorgungsrechts stets von hoher Bedeutung. Soweit nicht grundlegende Unterschiede zwischen beiden Alterssicherungssystemen bestehen, wurden seit Anfang der 1990er Jahre die grundlegenden Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung systemgerecht in die Beamtenversorgung übertragen, bspw. die Anhebung der Altersgrenzen oder die Einführung nachhaltigkeitsgewährleistender Instrumente. Zudem wurde in systemgerechter Weise der Altersvorsorgefaktor durch Reduzierung des maximal erreichbaren Höchstruhegehaltssatzes von 75 Prozent auf 71,75 Prozent übertragen.

Warum ein Vergleich der Beamtenversorgung mit der gesetzlichen Rentenversicherung und des jeweiligen Versorgungsniveaus zwar möglich, aber nicht zu empfehlen ist, wurde im Sechsten Versorgungsbericht der Bundesregierung erläutert:

In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Alterssicherungssystemen. Diese unterscheiden sich vor allem in Bezug auf

- den gesicherten Personenkreis (Berufsstellung der/des Beschäftigten),

- die Sicherungsfunktion (Regel- bzw. Zusatzsicherung oder Gesamtversorgung),

- das Sicherungsniveau (Voll- oder Teilsicherung),

- die Finanzierungsquellen (öffentliche und/oder private Mittel) und

- die Finanzierungsart (bspw. Umlagefinanzierung oder Kapitaldeckung).

Eine systematische Einteilung dieser Systeme erfolgt mit dem „Drei-Säulen-Modell“, das die Alterssicherung wie folgt gliedert:

Systematik der Alterssicherungssysteme:

Sicherungsfunktion

Arbeitnehmerin / Arbeitnehmer

Beamtinnen / Beamte / Richterinnen / Richter / Berufssoldatinnen / Berufssoldaten

Privatwirtschaft

Öffentlicher Dienst

Regelsicherung                     (1. Säule)

Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

Beamten-

und Soldaten-

versorgung

Zusatzversicherung             (2. Säule)

Betriebsrente

Zusatzversorgung / Betriebsrente / (VBL / kommunale Zusatzversorgungskassen)

Private Altervorsorge         (3. Säule)

Eigenverantwortliche Altersvorsorge

Die Aufgabe der Regelsicherung (= 1. Säule) nimmt in erster Linie die gesetzliche Rentenversicherung wahr. Sie hat den Auftrag, ein die Grundbedürfnisse deckendes Auskommen im Alter zu ermöglichen. Die betriebliche Zusatzsicherung (= 2. Säule) wird von den Kassen und Pensionsfonds der betrieblichen Altersvorsorge sichergestellt. Sie soll ergänzend zur Regelsicherung hinzutreten. Im öffentlichen Dienst nimmt diese Aufgabe beispielsweise die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder wahr. Die private Vorsorge (= 3. Säule) kennt man u. a. unter dem Schlagwort „Riester-Rente“, an der sich der Staat mittels Zulagen und Steuervorteilen am Aufbau eines Altersvermögens bei den entsprechend zertifizierten Produkten beteiligt. Zur privaten Vorsorge zählen aber auch Produkte wie Kapitallebensversicherungen.

Die Beamtenversorgung ist neben der gesetzlichen Rentenversicherung das zweite große Alterssicherungssystem Deutschlands. Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass beide Systeme sich insbesondere mit Blick auf die Sicherungsziele unterscheiden und dadurch nicht vergleichbar sind. Anders als die gesetzliche Rentenversicherung als ausschließliches Regel-sicherungssystem deckt die Beamtenversorgung zusätzlich die betriebliche Zusatzsicherung als zweite Säule ab.

Man spricht in diesem Zusammenhang daher auch von der „Bifunktionalität“ der Versorgung.

Die Beamtenversorgung und die gesetzlichen Rente werden oftmals anhand von Durchschnittswerten miteinander verglichen. Dabei wird neben der Bifunktionalität der Beamtenversorgung jedoch außer Acht gelassen, dass „Durchschnittsrenten“ sämtliche, auch kurze, Erwerbsbiographien und alle rentenversicherten Berufsgruppen umfassen. In durchschnittlichen Renten sind somit auch „kleine Renten“ enthalten, z. B. von Beamtinnen und Beamten, Selbständigen oder Freiberuflern, die neben ihrer gesetzlichen Rente ihre maßgebende Altersversorgung aus einem anderen Alterssicherungssystem beziehen. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Artikel 33 Absatz 5 GG) gehört das Lebenszeitprinzip. Für den in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Personenkreis ist eine ununterbrochene Beschäftigungszeit in vielen Bereichen nicht mehr der „Standard“. Zudem verfügen Beamtinnen und Beamte in der Mehrheit über ein abgeschlossenes Hochschulstudium bzw. eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung oder eine qualifizierte Ausbildung (und zusätzliche Berufsausbildung). Beschäftigte mit höherem Bildungsabschluss verfügen aber nicht nur in der öffentlichen Verwaltung regelmäßig über höhere Einkommen als geringer Qualifizierte und erwerben damit auch höhere Ansprüche in der Altersversorgung. Darüber hinaus gibt es in der gesetzlichen Rentenversicherung eine sog. Beitragsbemessungsgrenze. Nur bis zu diesem Höchstbetrag wird das Einkommen einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers bei der Berechnung des Versicherungsbeitrags berücksichtigt und damit rentenwirksam. Während beim offiziell ermittelten Rentenniveau bereits Krankenversicherungsbeiträge abgezogen sind, wird oftmals vergessen, dass Beamtinnen und Beamte durch eine private Kranken- und Pflegeversicherung selbst Vorsorge für den Teil der nicht durch die Beihilfe abgedeckten Krankheitsaufwendungen treffen müssen. Beiträge hierfür sind nicht einkommensabhängig, sondern risikobezogen und sind gerade im Alter oft vergleichsweise hoch; dies mindert letztlich die Netto-Versorgungsbezüge. Daneben gilt es zu beachten, dass die Pensionen der vollen Versteuerung unterliegen, während gesetzliche Renten erst seit 2005 allmählich in die Steuerpflicht hineinwachsen.

Im Auftrag des BMI hat Univ.-Prof. Dr. Färber (Speyer) eine „Machbarkeitsuntersuchung für eine Studie zu Alterseinkünften von vergleichbaren Bundesbeamten und Arbeitnehmern“ durchgeführt. Untersucht wurde, ob eine ausreichende Datenbasis für einen Vergleich zwischen Leistungen der Beamtenversorgung mit Alterssicherungen von Beschäftigten privater Unternehmen vorhanden ist und auf welche Weise diese verglichen werden können. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass ein fundierter Vergleich über das gesamte Lebenseinkommen vorgenommen werden müsse, da die jeweiligen Alterseinkommen immer auf der Basis der aktiven Einkommen erworben werden. Einkommenshöhe und -verläufe seien im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft zunehmend höchst unterschiedlich, was einen derartigen Vergleich erheblich erschwere. Die Studie ist vollständig auf der Homepage der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer abrufbar.

Soweit nicht grundlegende Unterschiede zwischen beiden Alterssicherungssystemen dem entgegenstanden, sind die Maßnahmen der insbesondere demografisch bedingten Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkungsgleich in die Beamtenversorgung übertragen worden. Wirkungsgleichheit heißt nicht „Betragsgleichheit“, sondern vielmehr das Erreichen der gleichen Ziele, ggf. auf unterschiedlichen Wegen und unter Beachtung der Systembesonderheiten. Mit dieser Zielsetzung sind seit Anfang der 1990er Jahre die Reformen der Alterssicherungssysteme stets im Gleichklang vorgenommen worden. Unter anderem wurden weitestgehend wirkungsgleich die Versorgungsabschläge bei vorzeitigem Ruhestandseintritt oder die schrittweise Anhebung der Altersgrenze vom 65. auf das 67. Lebensjahr auf die Beamtenversorgung übertragen. Das Versorgungsänderungsgesetz 2001, mit dem die Rentenreform 2001 auf die Beamtenversorgung übertragen wurde, führte beispielsweise zu einer Absenkung des Höchst-Versorgungsniveaus von 75 auf maximal 71,75 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Zudem hat der Bund mit den Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Bundes“ und „Versorgungsfonds des Bundes“ nachhaltigkeits-gewährleistende Instrumente zur Finanzierung der Beamtenversorgung geschaffen. Mit dem Versorgungsreformgesetz 1998 hat der Gesetzgeber, parallel zur seinerzeit beabsichtigten, aber nicht erfolgten Einführung eines „demographischen Faktors“ in der gesetzlichen Rentenversicherung, einen konstanten Wert zur Dämpfung von Besoldungs- und Versorgungssteigerung eingeführt.

Diese Minderungen fließen dem Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Bundes“ zu. Durch den 2007 errichteten „Versorgungsfonds des Bundes“ soll die Finanzierung der Beamten- und Soldatenversorgung auf eine Kapitaldeckung umgestellt werden. Die seit 1992 vorgenommenen Reformen in der Beamtenversorgung sind jeweils ausführlich im Dritten, Vierten und Fünften Versorgungsbericht der Bundesregierung beschrieben.

Auch die Höhe der Anpassungssätze von Versorgungsbezügen und gesetzlichen Renten sind über lange Sicht vergleichbar. Gesetzliche Renten in den alten Ländern wurden im Zeitraum 2000 bis 2016 um insgesamt über 22,6 Prozent angepasst. Die Versorgungsbezüge von Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern des Bundes erhöhten sich im selben Zeitraum um rund 26,4 Prozent. Das ist eine Differenz von 3,8 Prozentpunkten. Aufgrund der Föderalismusreform haben die Länder für ihre Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger in der Vergangenheit eigene Anpassungssätze verabschiedet, die sich zum Teil erheblich von denen des Bundes unterscheiden. Auch insofern führt ein pauschaler Vergleich der Anpassungssätze zwischen gesetzlicher Rente und der (Bundes-)Beamtenversorgung fehl und berücksichtigt nicht die Situation aller Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger.