Urteil des BVerfG zum Streikverbot für Beamte

Herausgegeben am Dienstag, 12. Juni 2018
zuletzt aktualisiert am Donnerstag, 27. August 2020

2018-01

Bundesverfassungsgericht bestätigt Streikverbot für Beamte 

Beamten bleibt das Streiken weiterhin verboten. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Richter wiesen damit die Klage von vier Lehrern ab, die ein Streikrecht durchsetzen wollten. 

Das Bundesverfassungsgericht hat das Streikverbot für Beamte in Deutschland bestätigt. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe wies mit seinem Urteil die Verfassungsbeschwerden von vier beamteten Lehrern zurück. Damit dürfen Beamte weiterhin generell nicht für höhere Einkommen oder bessere Arbeitsbedingungen streiken.

"Ein Streikrecht für Beamte löste eine Kettenreaktion in Bezug auf die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses aus und zöge fundamentale Grundsätze des Berufsbeamtentums in Mitleidenschaft", sagte der Präsident des Gerichts, Andreas Voßkuhle zur Begründung. Das würde andere Regeln, wie die Treuepflicht, ebenfalls in Frage stellen. Zudem wäre es dann sinnlos, die Besoldung der Beamten per Gesetz zu regeln - sie könnten sich ja alles erstreiken. 

Keine Rosinenpickerei

Beamte stehen in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat, denn er soll jederzeit, auch in Krisen, handlungsfähig bleiben. Im Gegenzug profitieren Beamte von einer besonderen staatlichen Fürsorge: Sie werden auf Lebenszeit ernannt, haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung und bekommen vom Staat nach Ende der Dienstzeit eine Pension. Werden sie krank, bekommen sie eine Beihilfe vom Staat. Gestehe man Beamten ein Streikrecht zu, behandle man sie damit wie Arbeitnehmer und Angestellte. Doch all das würde nach Ansicht der Richter in Frage gestellt. Richter Peter Huber brachte es so auf den Punkt: "Ein Rosinenpicken lässt das Beamtenverhältnis nicht zu."

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil ihr grundlegende Bedeutung für das gesamte Berufsbeamtentum in Deutschland beigemessen wurde. Ein Streikrecht auch für verbeamtete Lehrer hätte weitreichende Konsequenzen gehabt. In Deutschland gibt es etwa 800.000 Lehrer, rund drei Viertel von ihnen sind Beamte. 

Kein Recht für Jedermann

Die Kläger hatten argumentiert, das Streikrecht sei ein Menschenrecht für Jedermann. Um einen handlungsfähigen Staat zu gewährleisten, müsse man nicht allen Beamten den Streik verbieten, sondern nur den "hoheitlich Tätigen", also Polizisten oder Soldaten.

Dem erteilten die Karlsruher Richter jedoch eine Absage: Lehrer dürften schon deswegen nicht ausgenommen werden, weil das Bildungssystem einen hohen Stellenwert habe. Und, so das Gericht: Das deutsche System sei vereinbar mit dem, was der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden habe. Denn es würde ja nicht sämtliche Gewerkschaftstätigkeit verboten, sondern nur das Streiken.

Präsident Voßkuhlke sagte dazu: Zum einen müsse das Recht, einer Gewerkschaft beizutreten, für jedermann – auch für Beamte – gewährleistet sein. Zum anderen gewährleiste Artikel 11 der Menschenrechtskonvention den Gewerkschaften das Recht, sich Gehör zu verschaffen und dadurch ihre Interessen zu schützen. "Mit diesen Grundwerten steht das deutsche Recht im Einklang."

 Lehrerverband und Bundesregierung loben Urteil

Der Deutsche Lehrerverband hat das Urteil begrüßt. "Sonst wären Beamte im Schulbereich ein Auslaufmodell geworden. Das wollen wir nicht", sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Meidinger forderte die Bundesländer auf, beamteten Lehrern stärkere Mitwirkungsrechte bei Verhandlungen über Arbeitsbedingungen und Besoldung einzuräumen. "Wir wollen kein Streikrecht, aber mehr als ein Anhörungsrecht", sagte er.

Auch die Bundesregierung zeigte sich erfreut über das Urteil. Er sei "sehr zufrieden", dass die Position der Bundesregierung voll bestätigt worden sei, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer. Auch er halte den Grundsatz für "sehr angemessen", dass es für Beamte keine "Rosinenpickerei" geben dürfe.  

Quelle: tagesschau.de