Interessantes zu den Quartalszahlen der Deutsche Telekom AG
13.08.2019 Ein Beitrag von www.teltarif.de
Telekom-Chef: "Wir bauen weiter aus"
Regelmäßig legt die Deutsche Telekom als Aktiengesellschaft ihre vor, wir (www.teltarif.de) haben darüber schon berichtet. Dabei ergeben sich aus dem Fragen und Antworten interessante Zusatzinformationen, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.
Beste Zahlen aller Zeiten?
Telekom Chef Höttges bezeichnet seine Quartalszahlen "als die besten Zahlen aller Zeiten" und bat die am Telefon zugeschalteten Journalisten, bei ihrer Berichterstattung nicht nur auf die in Folge sehr guten Zahlen von T-Mobile USA, sondern auch der Telekom in Europa zu schauen. Höttges sieht sein Unternehmen "unter Dampf", die Umsätze seien "stärker als die mittelfristigen Erwartungen" gewesen und das trotz einer sich abschwächenden Konjunktur.
Das Wachstum der Telekom in Europa sei "in der Branche einzigartig", was das zweite Quartal 2019 eindrucksvoll untermauert habe. In den letzten 5 Jahren wurden 72 Milliarden Euro investiert, zieht man die Ausgaben alleine für Funkfrequenzen (Spektrum) ab, sind es immer noch 55 Milliarden, die in das Netz und die notwendige Technik investiert wurden.
Bei der Kundenentwicklung im Mobilfunk kann die Telekom in Europa 49,5 Millionen Vertragskunden (im Vergleich zum Vorjahr sind das 3,1 Millionen mehr) vermelden. Das Kombi-Produkt "Magenta Eins" (= Rabatt für Kunden, die zugleich im Festnetz und im Mobilfunk bei
(Original-)Telekom unter Vertrag sind) haben in Europa 8,6 Millionen (plus 2 Millionen im Vergleich zum Vorjahr) gebucht.
Die LTE Abdeckung liege in Deutschland mit 97,8 Prozent der Bevölkerung fast so gut wie in den USA, bis Jahresende sollen es 98 Prozent werden. In Deutschland wurden in den letzten 12 Monate gleich 1.400 neue Stationen aufgebaut. Es könnten noch mehr sein, doch dafür fehlen Genehmigungen. Die "beste Netzqualität in Deutschland" hätten die Leser der Fachzeitschrift Connect bescheinigt. Die Telekom sei der "größte Investor im Festnetz und im Mobilfunk".
Netzausbau der weißen Flecken mit Roaming?
Höttges lobte teltarif.de für die Frage nach dem aktuellen Stand der Dinge in Sachen lokales, regionales oder nationales Roaming: "Sie haben noch am ehesten verstanden, um was es dabei geht". Derzeit finde eine Diskussion über Standorte, wo noch "weiße Flecken" sind, statt. Dabei gehe es um ländliche oder nicht oder nur dünn besiedelte Gebiete, um Verbindungsstraßen, um Gebiete mit überwiegend Landwirtschaft oder Gebiete, die unter Naturschutz stünden, wo jede Veränderung per se problematisch ist.
Im Detail werde intensiv über (passives) Standortsharing diskutiert. Das bedeutet: "Hier wird eine Infrastruktur (z.B. ein Sendeturm) errichtet, wo die (vier) Netzbetreiber ihre Antenne (und ihre Technik) reinhängen können. Wir unterstützen diese Diskussion auf Bundesebene. Diese Fragen sind sehr kompliziert zu regulieren, und es wird sehr teuer. Wir begrüßen aber, dass sich die Politik in der Verantwortung sieht."
Technisch gäbe es weitere Optionen, beispielsweise, dass ein Sender mehrere Netzkennungen ausstrahlt, wodurch das Handy "glaubt", das "eigene" Netz sei dort vorhanden, das steht aber nicht auf der Agenda. Der neue Netzbetreiber "1&1" wolle wohl ein National-Roaming mit Telefónica vereinbaren, vermutet Höttges. Die Deutsche Telekom stehe Vereinbarungen offen gegenüber, wenn sie kommerziell sinnvoll seien, die Details würde dann die DFMG aushandeln.
Keine asymmetrische Kosten
Mit 1&1-Drillisch gebe einen "neuen Spieler zum Schließen von weißen Flecken". Es gebe für ihn aber Grenzen: "Was aber nicht sein kann, dass die Telekom etwas mit fixen Kosten errichtet und dann von anderen mit variablen asymmetrischen Kosten genutzt werden kann." Die Telekom habe teuer aufgebaut und dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Höttges befürchtet, dass Andere mit günstigen variablen Kosten ihm diesen Vorteil wegnehmen könnten.
Zur Verdeutlichung: Die Baukosten eines Sendemastes mit Technik betragen beispielsweise 200.000 Euro, diese festen Kosten ändern sich nicht, wenn ein Netzbetreiber oder alle drei Netzbetreiber darüber funken. Wenn aber einer aufbaut und alleine bezahlt, hat er mehr Kosten, als die anderen, die nur ihre (gelegentliche) Nutzung bezahlen. Dadurch können die anderen günstiger sein, weswegen die Kunden dorthin wechseln könnten. Der "teure" Anbieter, der aufgebaut hat, hätte das Nachsehen.
Höttges ist auch zu Vereinbarung zur Mitnutzung seines Mobilfunknetzes bereit, wenn es sich kommerziell rechnet. Zur Erinnerung: Die Telekom hatte die Kunden des damaligen Neueinsteigers VIAG-Interkom (heute o2) für ein paar Jahre auf ihr Netz gelassen, dadurch war eine SIM-Karte von VIAG/o2 zeitweise für technisch interessierte und informierte Kunden viel interessanter, als die teureren Tarife im Original-Telekom-Netz.
Funktürme verkaufen?
Die Deutsche Funkturm-Management Gesellschaft (DMFG), worüber die Telekom alle ihre Sendestandorte verwaltet, entwickelte sich besser als gedacht. Im Vergleich zum Vorjahr kamen 1.400 neue "physikalische Standorte" (z.B. Antennenmasten) hinzu, für die Jahre 2018 bis 2021 sollen das mehr als 9.000 neue Standorte an Stellen werden, wo es vorher nichts gab.
Erst jetzt sei Vodafone auf die Idee gekommen, die eigenen Funktürme in eine eigene Gesellschaft auszulagern. Die Telekom hat nicht vor, ihre Funkturm-Tochter an die Börse zu bringen oder zu verkaufen. "Heute gehören die Türme den Aktionären zu 100 Prozent. Das ist ein enormer Wert und perspektivisch ist großes Wachstum möglich. Trotzdem könnte zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt denkbar sein, die Tochter ganz oder in Teilen zu verkaufen oder an die Börse zu bringen (IPO), es seien auch Partnerschaften mit anderen Unternehmen denkbar.
Wann geht es mit 5G wirklich los?
Tim Höttges musste auf Nachfrage einräumen, dass der "5G Start relativ kompliziert" sei. "Wir warten auf die Zuteilung und sind massiv dabei, die Standorte aufzubauen." Man sehe sich hier weder vor noch hinter dem Wettbewerb: "Wir werden auf der IFA einiges zu 5G sagen. Sobald Lizenzen da sind, geht’s los." Die Telekom werde "eine führende Rolle bei 5G spielen", schon jetzt seien 80 Prozent der laufenden Standorte bereits "5G-ready".
Vor einem Jahr wurde der Ausbau von Super-Vectoring im Festnetz gestartet, mit dem die Telekom Bandbreiten von bis zu 250 MBit/s erreichen kann. Damit können 22 Millionen Haushalte und Unternehmen erreicht werden, bis zum Jahresende sollen es 28 Millionen sein und die 30 Millionen-Marke soll auch noch geknackt werden.
Glasfaser gewinnt an Fahrt
Die Zahl der Glasfaser-basierten Haus-Anschlüsse, die in Betrieb sind, stieg um 22 Prozent auf 13,4 Millionen, wobei die Telekom unter "glasfaserbasiert" nicht nur FTTB oder FFTH (bis ans oder ins Haus), sondern auch FTTC (Glasfaser bis zum Straßenverteiler an der Ecke, auch als "Vectoring" bekannt) versteht. Die Zahl der Haushalte, die insgesamt per Glasfaser (inklusive Vectoring) erreichbar wären (Homes passed) und die schon angeschlossen sind (Homes connected) liege bei 34 Millionen Anschlüssen, ein Zuwachs von rund 2,6 Millionen.
Weitere 50 Gewerbegebiete sollen direkt mit Glasfaser durch die Telekom bis aufs Grundstück oder ins Gebäude erschlossen werden, was dann insgesamt 245 verschiedene Gewerbegebiete erreicht, wo etwa 100.000 Unternehmen an die begehrte Glasfaser kommen können.
Die Telekom will künftig weiter in den Ausbau auf hohem Niveau investieren. Beim Ausbau der Glasfaser werde überproportional zum Marktanteil investiert, aber: "Wir können nicht alleine alle weißen Flecken in Deutschland schließen."
Vorteile der Unitymedia-Vodafone Fusion?
Leicht ironisch bemerkte Höttges, dass der Zusammenschluss von Liberty ("Unitymedia") und Vodafone auch etwas was Gutes habe. Endlich gebe es einen Wettbewerber, "der eine Festnetzinfrastruktur vergleichbar zur Deutschen Telekom hat." Höttges will seinen Kommentar aber nicht als "Lob" verstanden wissen. Die Politik habe entschieden, dass Vodafone und Liberty zusammenkommen, also eine Entscheidung für mehr Wettbewerb und er hoffe auf mehr Infrastrukturwettbewerb.
Allerdings erwarte die Telekom, dass Vodafone nun auch beim Netzausbau in bisher unversorgten Regionen tätig werde und "nicht nur ihre alten Kupfer-Koax-Netze aufrüste", sondern auch "echte Glasfaser bis zum Haus verlegt und insbesondere im ländlichen Raum ein Stück der Ausbaulast abnimmt."
Handschellen abnehmen!
Höttges Position habe sich nicht geändert. Er hält es nach wie vor für nicht klug, dass Wettbewerb bei Wohnungsbau, Einspeisungsgebühren und regulatorische Einschränkungen nur für die Telekom gälten, aber nicht für Vodafone. "Ich möchte die Handschellen abgenommen bekommen, im freien Wettbewerb agieren." Höttges möchte Wettbewerb auf Augenhöhe und behält sich weiter eine denkbare Klage gegen die von der EU genehmigte Fusion von Unitymedia/Liberty und Vodafone vor.
Die Telekom werde auf jeden Fall reagieren. Der Service werde neu organisiert, die Shops neu restrukturiert. "Alle Kosten kommen auf dem Prüfstand. Wir werden uns offensiv mit Problemen so schnell wie möglich auseinandersetzen."
Die Telekom-Läden sollen sich veränderten Kundenverhalten anpassen. Er musste feststellen, dass viele Privatkunden lieber online bestellen wollten, dennoch bleibe der Telekom der persönliche Kontakt wichtig. Anhand der Besucherzahlen ("Kundenfrequenzen") werden alle Läden (Shops) geprüft, ob sie noch rentabel sind. Man habe etwa 15 bis 20 Shops geschlossen oder in "Partnergeschäfte" umgewandelt, und es wurden auch vereinzelt ganz neue Shops eröffnet.
Immer wieder wird vorhergesagt, dass das Festnetz nicht mehr interessant sei. Die Telekom stellt hingegen fest, dass das Verbundprodukt "Magenta Eins" in ganz Europa sehr stark gefragt ist. 23 Prozent der Telekom-Festnetz-Kunden oder 54 Prozent der Telekom Mobilfunk-Kunden haben ein "Magenta Eins" Produkt gebucht, dabei bekommen die Kunden beispielsweise einen Rabatt auf die Grundgebühr des Mobilfunk-Vertrages und eine Flatrate vom dazugehörenden Festnetzanschluss zu allen deutschen Mobilfunkrufnummern oder bei Prepaid-Mobilfunk ein kostenloses Datenvolumen dazu.
12,2 Millionen deutsche Mobilfunk-Kunden haben bereits einen LTE-Tarif und ein dafür passendes Gerät im Einsatz. Die (mobile) Datennutzung der Kunden ist im Schnitt auf 3,2 Gigabyte im Monat (um mehr 300 MB) gestiegen.
Megatrend Gaming
Die bevorstehende Spezial-Messe "Gamescom" ist für die Deutsche Telekom überaus wichtig. Man stehe in Kontakt mit dem Spielehersteller SK-Games und habe sich in Deutschland stark bei e-sports engagiert. Sein Unternehmen glaubt zutiefst an Games, der kometenhafte Erfolg des Spiels "fortnite" zeige es. Die Telekom-Vorstände waren zu Besuch in Seoul (Korea), wo man in Sachen "e-sports" und "Gaming" überhaupt schon viel weiter sei.
5G werde auch im Endkunden-Bereich enormen Schwung bekommen, schnelle Games werden durch 5G erst richtig spielbar, Gaming sei der Megatrend. "Hier haben sich junge Menschen eine eigene Industrie geschaffen." Das werde etablierten Anbietern nicht immer gefallen. Man müsse die mögliche Klientel und die bereits bekannten Kunden im Auge behalten, die "Online-Zuschaltzahlen wachsen exponentiell".
Was tut sich bei der IP Migration im Festnetz?
Die Umstellung aller Telefon-Anschlüsse im Festnetz auf das Internet-Protokoll im Festnetz (die sogenannte "IP-Migration") ist bei der Telekom "bereits zu 93 Prozent durch." Die Umstellung habe das Unternehmen mit hohen dreistelligen Summen belastet. "Aber jetzt haben wir das Ende im Auge." Bis Ende 2019 sollen alle Privatkunden komplett umgestellt sein. Wer einen reinen "Telefonie"-Anschluss hat, wird in vielen Fällen davon wenig merken, da sich das notwendige "Modem" im nächsten Verteilerkasten oder der Vermittlung ("Hvt") befindet. Bei einigen Anschlüssen kann es aber technisch notwendig sein, einen Router zu Hause zu installieren, auch wenn der Anschluss ohne Internet gebucht wurde.
Im ersten Halbjahr 2020 sollen dann auch alle Geschäftskunden umgestellt sein.
Mit der Umstellung auf das Internet-Protokoll "machen wir als größter Telekommunikationsanbieter in Europa einen Riesen Schritt nach vorne. Für konvergente Dienste müssen wir eine Sprache sprechen. Vectoring und Supervectoring sind erst über das Internet-Protokoll möglich geworden.
Höttges tue jeder Kunde leid, dem persönlich gekündigt werden musste, weil die Kunden nicht auf ihre altgewohnten Dienste verzichten wollten und sich daher nicht gemeldet oder der Kündigung widersprochen hatten.
Die IP-Umstellung sei ein auf fünf bis sechs Jahre angelegtes Projekt, was am Ende große Produktivitätsfortschritte bringe und große finanzielle Mittel freisetze.
Kündigungen wegen IP-Umstellung
Höttges räumte ein, dass einige Kunden im Zuge der IP-Umstellung auch von sich aus gekündigt haben. Nicht nur bei privaten Endkunden, sondern auch im geschäftlichen Bereich, wo Firmen bei diese Gelegenheit, selten oder nie genutzte Anschlüsse, die es noch gab, gekündigt oder mehrere ehemalige Analog-Anschlüsse auf den neuen IP-Anschluss zusammengelegt haben.
Glasfaser Joint-Venture: Entscheidung im September?
teltarif.de wollte wissen, was der Stand des Joint-Venture zwischen Telekom und der EWE-Tel zum gemeinsamen Ausbau eines Glasfasernetzes ist?
Der Vertrag über das Joint-Venture (gemeinsames Unternehmen) wurde am 18. März dieses Jahres unterzeichnet, die Gesellschaft heißt derzeit "Glasfaser Nordwest i.Gr." und wurde dem deutschen Kartellamt "vorgestellt". Das Kartellamt habe "aufgrund der Komplexität eine "Beurteilung der Phase 2" für erforderlich gehalten, das Verfahren läuft derzeit. "Wir erwarten bis Ende September eine Entscheidung des Kartellamts. Wir sind zuversichtlich, das wird positive Effekte für alle Kunden haben." Gemeinsam mit dem privaten Netzanbieter EWE will die Telekom verstärkt Glasfasernetze im Norden des Landes ausrollen.
USA: Es wächst und wächst
In den USA konnte T-Mobile US seit Mitte 2013 mehr als 1 Millionen Neukunden pro Quartal gewinnen und das ununterbrochen. Im Vergleich zum letzten Jahr waren es 7,4 Millionen Neukunden und nur 0,78 Prozent der Kunden sind gegangen ("churn"), was in der Branche ein traumhaft niedriger Wert sei. Höttges ist sich sicher, dass sein Erfolg auf seiner Netzabdeckung basiert.
Mit LTE(4G) könne in den USA 99 Prozent der US-Bevölkerung erreicht werden. Derzeit ist T-Mobile dabei, in den USA LTE600 (600 MHz) auszurollen, was zugleich auch als Vorbereitung für 5G zu sehen ist.
Schon jetzt werden in den USA 6600 Städte und Orte in 46 Bundesstaaten und Puerto / Rico erreicht. Das Ziel ist ein Drittel der "Landesfläche" mit 156 Millionen Einwohnern zu erreichen. Höttges hat das ehrgeizige Ziel, in den USA das erste "landesweite" (nationwide) 5G-Netz der USA aufzubauen.
Derzeit gibt es noch einige Klagen von Bundesstaaten gegen die Fusion von T-Mobile US und Sprint. Zwar könne man sich grundsätzlich vorher (außerhalb des Gerichts) einigen (englisch "Settlements"), aber sein Unternehmen ginge zunächst mal davon aus, dass es zum Jahresende zu einem Gerichtsverfahren kommen werde.
Quelle: www.teltarif.de vom 13.08.2019